27.Juli 2001
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy

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Sechs Tibeter von Sog zu lebenslänglicher Haft oder langen Strafen verurteilt

Sechs Tibeter aus Distrikt Sog, Präfektur Nagchu, wurden wegen politischer Aktivitäten zu Haftstrafen verschiedener Länge von sieben Jahren bis lebenslänglich verurteilt. Die chinesischen Behörden betrachten die Männer als mit den in Sog seit 1993 wiederkehrenden Widerstandsbekundungen im Zusammenhang stehend. Bis auf zwei sind sie alle Mönche des Klosters Sog Tsendhen in Distrikt Sog. Es ist anzunehmen, daß sie demnächst nach Drapchi verlegt werden.

Der dem TCHRD zugegangenen Information zufolge wurden die sechs, Sey Khedup (27), Tenzin Choewang (64), Tsering Lhagon (41), Yeshi Tenzin (33), Trakru Yeshi (45) und Gyurmey (29), allesamt im März 2000 an unterschiedlichen Tagen und Orten verhaftet. Annähernd 9 Monate später wurden sie Mitte Dezember in einem öffentlichen Prozeß vor das Mittlere Volksgericht von Nagchu gestellt. Sie wurden der Förderung von Aktivitäten der "Separatistischen Dalai Clique" und der "Gefährdung der Staatssicherheit" angeklagt. Das Gericht präsentierte als Indizien für die gegen sie erhobenen Klagen Unabhängigkeitsplakate, hölzerne Druckstöcke und Kassetten mit Reden des Dalai Lama.

Sey Khedrup bekam das härteste Urteil von allen. Wahrscheinlich brachte ihm sein Versuch, bei dem Prozeß die ganze Verantwortung für die gegen sie erhobenen Klagen auf sich zu nehmen, lebenslängliche Haft ein. Ein anderer Grund könnte auch seine Betätigung als Schreiner und seine Anfertigung von Druckstöcken im Kloster gewesen sein.

Yeshi Tenzin und Gyurmey wurden während eines Klosterfestes als erste von den Polizisten von Nagchu aufgegriffen und in das Nagchu Haftzentrum gebracht. Die beiden wurden brutal geschlagen und gefoltert, um sie zu zwingen, die Namen ihrer "Komplizen" preiszugeben. Nun wurde Yeshi zu 15 Jahren und Gyurmey zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt.

Eines nachts im März drangen sieben maskierte Männer in das Sog Tsendhen Kloster ein. Sie stellten Tenzin Choewang in der Hauptgebetshalle und brachten ihn in das Nagchu Haftzentrum. Tenzin schlief nämlich als Verwalter des Klosters in der Halle. Am nächsten Tag wurden seine Kleider und Sachen in völligem Durcheinander vorgefunden. Nur von dem außen geparkten Polizeifahrzeug konnten die Mönche auf die Identität der maskierten Männer schließen. Viele nehmen an, daß ein Insasse des Klosters an der ganzen Operation beteiligt war, denn einer der maskierten Männer konnte ganz genau zeigen, in welchen der etwa 180 Zimmer die einzelnen Mönche wohnten. Beim Durchsuchen des Zimmers von Tenzin Choewang entdeckten die Polizisten Kassetten mit Reden des Dalai Lama. Es besteht große Sorge wegen Tenzins Gesundheitszustand, denn während der Gerichtssitzung konnte er nicht aufrecht stehen und mußte von beiden Seiten gestützt werden. Tenzin wurde zu 7 Jahren Haft verurteilt.

Als die Nagchu-PSB-Kräfte zu Tsering Lhagons Behausung kamen, fanden sie Druckblöcke mit Lettern "Free Tibet", "Lang lebe Seine Heiligkeit der Dalai Lama", "Tibet gehört den Tibetern", "China raus aus Tibet". Dafür wurde er in der Folge zu 15 Jahren verurteilt.

Trakru Yeshi, der zum Personal des Wasserkraftwerks von Nagchu gehörte, wurde anscheinend zur Tageszeit festgenommen. Seine Arbeitskollegen wurden streng verwarnt, niemand etwas von seiner Verhaftung zu erzählen. Trakru wurde zu 7 Jahren verurteilt. Die systematische Weise, in der diese Personen festgenommen wurden, ist ein deutliches Zeichen, daß die Behörden schon seit geraumer Zeit ihre Bewegungen und ihr Tun genauestens verfolgen unter der klandestinen Mithilfe von jemand, der sich in Sog Tsendhen gut auskennt. Dieses als "Brutstätte" politischer Aktivitäten bekannte Kloster steht seit einiger Zeit unter strenger Überwachung, die Mönche werden genau beobachtet und ihre Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt.

Berichten zufolge wurden zur selben Zeit wie die 6 Männer auch andere Personen von Sog festgenommen und intensiv vernommen. Thupten Tsering, der Schmied des Klosters, wurde unter dem Vorwand, zu einem Meeting in die Kreisstadt mitgenommen zu werden, in das Nagchu Haftzentrum gebracht. Thupten hatte vor einiger Zeit eine Umzäunung um das Kloster gebaut, was bei den Behörden Argwohn erregte, er hätte damit verhindern wollen, daß Offizielle unangemeldet das Kloster betreten. Er argumentierte, er hätte den Zaun gebaut, um bei Nacht streunende Hunde fernzuhalten und die Verunreinigung des Ortes durch Abfall zu vermeiden. Während der vier Monate in dem Nagchu Haftzentrum wurde er so grausam geschlagen, daß er bei seiner Entlassung seinen rechten Arm nicht mehr gebrauchen konnte.

Serpa Sichoe war, als er verhaftet wurde, im Haus seiner Nichte in Lhasa, wo er sich einer medizinischen Behandlung unterzog. Er wurde nach ein paar Monaten wieder freigelassen. Serpa war 2000 nach Dram (Tibet-Nepal-Grenze) gereist, um seinen Sohn in Nepal zu treffen.

Namgyal Soepa wurde etwa 3 Monate festgehalten, durfte jedoch nicht mehr in sein Kloster zurückkehren. Er erlitt ebenfalls gesundheitlichen Schaden durch die harte Behandlung im Polizeigewahrsam.

Serpa Sichoe, den die Behörden bereits 1995 wegen eines Bombenattentats in Kreis Sog verdächtigten, wurde im August 1997 zusammen mit Tenzin Choewang, Ngawang Geysar und Namgyal Soepa verhaftet. Serpa und Tenzin kamen nach 7 Monaten, und Namgyal Soepa nach 2 Monaten frei. Ngawang Geysar wurde nach 5 Wochen frei gelassen, aber sprach niemals über seine Erfahrungen. Sein jetziger Status ist nicht bekannt. Seit seiner Entlassung weiß niemand, nicht einmal seine Angehörigen, wo er sich aufhält.

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